Besonders am Anfang habe ich meinen Horizont im Gespräch mit anderen Tauchern erweitert. In so einem Deko-Gespräch fiel auch das Wort Tauchsafari. Die Beschreibung hörte sich nach meinem persönlichen Tauchertraum an: 3-4 Tauchgänge am Tag, vor den Dailys an den besten Tauchplätzen sein, große Dichte an taucherischen Highlights und dazwischen Essen und Entspannen. Wo soll ich unterschreiben?
Ich saß tatsächlich an der Quelle. Das Daily auf dem ich das Gespräch führte, gehört zu den Sunshine Divers in Sharm El Sheik, bei denen ich gerade erfolgreich meinen AOWD absolviert hatte. 2-3 Mal im Jahr geht’s mit Marry und Klaus auf Safari. Wahlweise auf die Sinai Classic Tour oder zu den populärsten Wracks im Roten Meer. Besonders das Wort Wrack löste bei mir innerlich Begeisterungsstürme aus. Die Fotos der Snefro Love, eines von acht Tauchbooten der Snefro Flotte, beseitigten auch den letzten Zweifel.
Tauchen – Essen – Schlafen
Nach einem grauen Berliner Winter enterte ich bei Sonnenschein und 32 Grad mein schwimmendes Heim für die nächsten sieben Tage. Als Safari- und Tauchneuling versuchte ich mich unauffällig zu verhalten. Ein Glück geht es bei des Sunshine Divers familiär zu.
Als alle Taucher nach und nach ihr Equipment ausgepackt und die Flaschen verteilt waren, gab es das Begrüßungsbriefing. Mary, Klaus, Islam und Ahmed hießen als Gastgeber und Guides, die 18-köpfige Gruppe willkommen.
Der erste Tauchplatz der Safari Temple kannte ich schon von einer Ausfahrt mit dem Daily. Der Platz eignet sich mit seinen schön bewachsenen Korallensäulen, auf einer Tiefe von 12-18 m, perfekt für den Check Dive. Ein guter Einstieg in den Tag. Auf der Snefro Love geht’s morgens gegen 7 Uhr das erste Mal vor dem Frühstück ins Wasser. Mit etwas mehr Tauchsafarierfahrung, weiß ich jetzt, dass das bereits die Zeit für Langschläfer ist.
Der Early-Morning-Dive zählt definitiv in die Kategorie meiner liebsten Tauchgänge. Der Tauchplatz ist in den meisten Fällen noch unberührt. Trotz der frühen Uhrzeit, fühle ich mich nach dem Tauchgang komplett regeneriert. Das Frühstück schmeckt gleich doppelt so gut.
Mit meinem Buch verziehe ich mich auf das Sonnendeck. Erstaunlich, wie viele Rückzugsmöglichkeiten so ein Boot bietet. Das Frühstück ist gerade verdaut, da läutet die Glocke. Zeit für das Briefing und den zweiten Tauchgang.
Unser Boot hat Kurs auf die Straße von Tiran genommen. Das Gebiet umfasst sechs Tauchplätze. Die Wahl fällt auf das Gordon Reef. Wenn man so will der erste Wracktauchgang. Die Loullia ist 1981 auf das Riff aufgelaufen. 2000 kollidierte ein anderes Schiff mit ihr und riss dem Wrack den Bug ab. Eine Schildkröte kreuzt während des Tauchganges unseren Weg. Der Tag gefällt mir.
Am Nachmittag ankert das Boot in South Laguna. Der Platz liegt im Westen der Straße von Tiran. Mein Puls steigt, als ich mitbekomme, dass wir hier auch unseren Nachttauchgang machen werden.
Die Sache mit dem Nachttauchgang
Ich war mir schon vor der Abreise nicht im Klaren darüber, ob ich das wirklich will. Im Dunkeln auf dem offenen Meer ins Wasser springen und abtauchen. Zaghaft melde ich mich beim Briefing, als es darum geht, wer noch keinen Nachttauchgang gemacht hat. “Du musst dir das vorstellen, wie ein Spaziergang im Wald bei Mondschein.” Ähm, na super, das sollte mir Mut machen. Kann ja keiner wissen, dass ich mich im Wald schon tagsüber nicht richtig wohlfühle. Ein Spaziergang im Wald bei Nacht? Mit das Schlimmste was ich mir vorstellen kann.
Im Schneckentempo machte ich mich fertig. Wie wahrscheinlich es wohl ist, einem Kettensägenmörder Unterwasser zu begegnen? Es dauerte ein paar Atemzüge. Nach dem Klick in meinem Kopf fing mich die Ruhe und Atmosphäre komplett ein. Anders als am Tag wirkt alles noch etwas friedlicher. Im Schein der Taschenlampe entdecke ich schlafende Papageifische in ihrem Schleimschlafsack und habe das Glück dem Highlight eines jedes Nachttauchganges zu begegnen – der spanischen Tänzerin. Kein Vergleich zu einem Waldspaziergang bei Nacht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich am Ende des Tauchganges sogar freiwillig meine Taschenlampe ausmachen würde, um das Plankton leuchten zu sehen.
Den nächsten Vormittag verbringen wir noch in Tiran. Wir tauchen am Jacksons und Thomas Reef, bevor wir in Richtung Ras Mohammed aufbrechen. Für den Tauchgang am Nachmittag steht ein Highlight auf der Tafel.
Kloschüsseln auf dem Meeresgrund
Das Shark & Yolanda Reef zählt zu einem meiner liebsten Tauchplätze im Roten Meer. Innerhalb eines Strömungstauchganges taucht man an zwei Riffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das Shark Reef hat eine wunderschöne Steilwand, die nach einem Dropoff auf 30 Metern ins unendliche abfällt. Nicht selten kommt es hier zu Begegnungen mit Großfisch.
Der Korallengarten am Yolanda Reef ist in seiner Farbenpracht das Kontrastprogramm zum Blauwasser. Namensgeber für den Platz ist das 1980 gesunkene Frachtschiff Yolanda. Der Großteil des Wracks ist 1987 im tiefen Blau verschwunden. Die Ladung befindet sich auf einer Tiefe von 9-10 m. Die auf dem Meeresgrund verstreuten Toilettenbecken geben ein kurioses und beliebtes Fotomotiv ab.
Ich lasse mir die späte Nachmittagssonne ins Gesicht scheinen und muss mich entscheiden zwischen meinem ersten Deko-Bier oder einem weiteren Tauchgang bei untergegangener Sonne. Das Bier verliert. Wir verbringen die Nacht knappe 7 Seemeilen westlich von Ras Mohammed am Beacon Rock. Strategisch ein guter Plan, das Wrack der Dunraven liegt in unmittelbarer Nähe und kein weiteres Safariboot in Sicht.
Wracks, Wracks und noch mal Wracks
Die Dunraven war ein britisches Frachtschiff und sank 1876 auf dem Weg nach Bombay. Das Wrack liegt umgedreht mit dem Heck nach unten auf 15-29 Metern. Das Innere des Schiffs brannte komplett aus, so dass es heute einer großen leeren Höhle gleicht. Für mich als noch unerfahrene Taucherin ein guter Einstand, um das Innere eines Wracks zu erforschen.
Nach dem Frühstück geht es mit dem Zodiac zum Schiffsfriedhof Sha’ab Abu Nuhas. In den Jahren 1869 – 1987 verunglückten hier mehrere Schiffe. Betauchbar sind die Wracks der Ghiannis D., Carnatic, Marcus/Chrisoula K. und das der Kimon M. Welches Wrack sein Dasein zwischen der Kimon M. und der Carnatic fristet, ist nicht eindeutig geklärt. Auf den Booten der Snefro Flotte spricht man von dem Wrack der Chrisoula K. Das Wrack ist gut erhalten und es lohnt sich ein Abstieg auf 27 Meter, um den gewaltigen Propeller in Augenschein zu nehmen. Erfahrene Wracktaucher finden auf etwa 10 Metern den Eingang zum Maschinenraum.
Die Carnatic ist das älteste Wrack in Abu Nuhas. Der britische Schoner wurde 1862 gebaut und sank im Jahr 1869. Trotz des beachtlichen Alters bekomme ich eine Ahnung von den Ausmaßen des britischen Schiffes. Mir imponiert zu was die Natur fähig ist. Das Wrack ist vollständig mit Softkorallen überzogen. Eine Schule von Glasfischen flitzt durch das Wrack. Mir könnte es nicht besser gehen.
Am Abend muss ich erst mal meine Erinnerungen und Fotos sortieren. War das jetzt die Dunraven, die Carnatic oder die Chrisoula K. mit der imposanten Ankerwinde?! Der kleine Nachteil an einer Tauchsafari. Bevor ich mich und meine Eindrücke sortiert habe, geht’s schon wieder unter Wasser.
Mein Favorit in Abu Nuhas ist das Wrack der Giannis D. Das in 1983 gesunkene Frachtschiff ist in der Mitte vollständig zerstört. Das Heck und der Bug sind dafür perfekt erhalten. Besonders angetan hat es mir die lichtdurchflutete Kommandobrücke. Die Neigung zur rechten Seite ist für meine Orientierung allerdings gewöhnungsbedürftig.
Die Kingstone wurde knapp 10 Jahre nach der Carnatic gebaut und sank 1871. Das Wrack hat nicht viel Außergewöhnliches zu bieten. Das Riff Shag Rock ist dafür reich an Tellerkorallen und Fisch. Die andere Gruppe hatte sogar das Glück auf Delfine zu stoßen. Ich war auch nur ein bisschen eifersüchtig.
Die Königin im Roten Meer
Es ist Briefing-Zeit. Die Stimmung an Bord ist eine andere. Adrenalin und Vorfreude liegen in der Luft. Dafür gibt es nur eine Erklärung. Am Nachmittag ankern wir an der SS Thistlegorm.
Der 126 m lange Frachter wurde 1940 in England als Kriegsschiff gebaut. Sein vierter Einsatz sollte 1941 auch sein Letzter sein. Beladen mit Waffen, Munition, Panzern, LKWs, Motorrädern, zwei Lokomotiven sowie mehreren Waggons war die Thistlegorm auf den Weg die 8. Armee der British Army für einen Großeinsatz gegen das deutsche Afrikakorps auszurüsten. In der Nacht des 6. Oktobers geriet sie unter Beschuss eines deutschen Heinkel HE 111 Flugzeuges. Sie sank innerhalb von wenigen Minuten. Die Bomben lösten mehrere Detonationen im Heck des Schiffes aus. Ein klaffendes Loch in der Backbordseite lässt die Wucht der Explosion erahnen.
Das Wrack wurde 1956 von Jacques-Yves Cousteau auf einer Expedition mit der Calypso entdeckt. Der französische Tauchpionier hielt die Koordinaten unter Verschluss. Fast 40 Jahre später wurde das Wrack von Sporttauchern wiederentdeckt und zählt seitdem zu den populärsten Wracks im Roten Meer.
Die Umrisse des Wracks zeichnen sich deutlich unter der Wasseroberfläche ab. Am Seil geht es gemächlich Richtung Wrack. Die Strömung meint es gut mit uns. Für den ersten Tauchgang an der Thistlegorm haben wir uns die Frachträume vorgenommen. Wir tauchen vorbei an den aneinandergereihten Motorrädern, den LKWs und Jeeps. Ein skurriler und gleichzeitig faszinierender Ort. Dass auf der sinkenden Thistlegorm Menschen ihr Leben gelassen haben, wird mir bewusst, als wir die Brücke und angrenzende Kapitänskajüte besichtigen. Souvenirjäger haben in den letzten Jahren hier geplündert. Auch ohne Armaturen und Funkgerät wirkt das Kapitänsbadezimmer und die Kommandobrücke wie eben erst verlassen. Mit einem Blick auf meinen Luftvorrat heißt es Zeit, um zum Boot zurückzukehren.
Stirnrunzelnd beäugt unser Tauchguide die aufsteigenden Luftblasen aus dem Inneren der Thistlegorm. Wenn die Sonne nicht bereits untergegangen wäre, kein Grund zur Verwunderung. Es handelt sich um keine Taucher von unserem Boot. Mein dritter Nachttauchgang und dann auch noch an der Thistlegorm. Wir tauchen das Wrack in seiner gesamten Länge ab. Im dunklen Meer bekommt so ein Wrack doch einen gespenstischen Touch. Ich muss wieder an den Kettensägenmörder im Wald denken.
Am nächsten Morgen sind wir vor allen anderen Tauchern im Wasser. Ein kleines Kunststück. Für den letzten Tauchgang haben wir uns das zerstörte Heck vorgenommen. Auf einer Tiefe von ca. 30 Metern liegt eine der beiden Lokomotiven, die bei der Detonation von Bord geschleudert wurden. Noch einen kleinen Abstecher zum Propeller. Mit einem Blick auf die dahinschwindende Grundzeit und Luftvorrat heißt es Abschied nehmen.
Die letzten 1 ½ Tauchtage verbringen wir mit einem Strömungstauchgang durch einen kleinen Kanal Small Crack und zwei Tauchgängen an den Alternatives. Ich werde den Alltag auf dem Boot vermissen. Tauchen – Essen – Schlafen ist das Gegenteil von langweilig.
Lust bekommen?
Tauchsafaris werden nicht nur im Roten Meer sondern z.B. auch in Asien, auf den Malediven, im Oman oder in Mikronesien angeboten. Eine gute Übersicht über die verschiedenen Länder, Schiffe und Routen haben folgende Tauchveranstalter:
Reisezeit
Die Wracksafari auf der Snefro Love habe ich Ende Mai gemacht. Die Wassertemperaturen lagen bei 24-28 ° C und ich bin mit einem 5,5mm Neoprenanzug getaucht. In den Monaten Juli und August reicht auch ein Shorty. Zwischen Januar – März sind die Preise am günstigsten. Grund dafür ist der Wind und Wassertemperaturen von max. 22 ° C.
weitere Informationen
„Mitten im Blau: Tauchsafaris in Ägypten“ von Linus Geschke (Werbung*)
Ein informatives und mit viel Witz geschriebenes Buch, des Spiegel Online und DiveInside Redakteurs. Geschke beschreibt sehr detailliert die Tauchplätze der Safarirouten Wrack- oder Nordtour, Brothers/Deadalus/Elphinstone und der St. Johns-Tour. Der Service-Teil am Ende des Buches, beantwortet die wichtigsten Fragen für Tauchsafarineulinge.
„Sinai Diving Guide“ von Alberto Siliotti (Werbung*)
Der Guide enthält alle Tauchplätze Rund um den Sinai. Die Plätze sind ausführlich beschrieben inklusive Tauchplatzkarten. Der Guide ist in einem italienischen Geodia Verlag erschienen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Ich habe ihn in Ägypten am Flughafen gekauft. Bei Amazon wird er gebraucht, aber recht teuer angeboten.
Dokumentation über den Verfall der SS Thistlegorm
Die halbstündige Dokumentation befasst sich mit den Auswirkungen des Tauchtourismus auf das Wrack. Mittlerweile sind die meisten seriösen Tauchbasen vor Ort für das Thema sensibilisiert. Besonders die willkürliche Befestigung der Ankerleinen hat dem Wrack in den letzten Jahren großen Schaden zugefügt.
*Affilinet Links: Ich nehme am Amazon Partnerprogramm Teil und erhalte wenn ihr etwas über diesen Link kauft eine Provision. Für euch kosten die Artikel keinen Cent mehr.
Welche Erfahrungen hast du mit Tauchsafaris gemacht?
Hallo Annette, interessanter Artikel über deine Wrack-Safari in Ägypten! Besonders interessiert hat mich der Abschnitt zum Thema Nachttauchgang. Ich bin Tauch-Anfänger und möchte mich im nächsten Urlaub auch der – für mich – Herausforderung „Nachttauchgang“ stellen. In diesem Kontext habe ich mich mit dem Thema Tauchlampe intensiver beschäftigt und auch gleich eine Webseite mit den Erfahrungen aus meinen Recherchen erstellt, um auch anderen Interessenten an diesem Thema zu helfen. Ich würde mich freuen, wenn du mal auf meiner Seite vorbei schaust mir etwas Feedback gibst. Gerne kann ich auch eine Zusammenfassung erstellen und einen kleinen Gast-Artikel für dich verfassen. Grüße, Steven
Hallo Steven,
ein guter Überblick über die verschiedenen Modelle! Da kann ich auch noch was Lernen 😉
Schreib mich wegen dem Gastartikel gerne noch mal unter annette@omvej.de an.
Viele Grüße
Annette
Pingback: Tauchen in Sharm el Sheikh - omvej - Tauchen ist mein Yoga
Herzlichen Dank für den interessanter Artikel! Toller Blog.
Danke! Freut mich, dass dir der Blog gefällt. Viele Grüße Annette