Nach der Ausbildung zum Open Water Diver habe ich in jedem Gespräch verkündet, dass 18 m wirklich tief genug sind. Grund dafür war die beschwerlichere Ausbildung im Pazifik. Auch die 18 m wollen betaucht werden. Auf der Suche nach einem geeigneten Tauchreiseziel viel meine Wahl auf das Rote Meer und Ägypten. Mit eines der weltbesten Tauchgebiete und das Ganze in überschaubaren Flugstunden zu erreichen? Hört sich mehr als perfekt an. Da ich im Urlaub ausschließlich tauchen wollte, habe ich mich für die Sinai-Halbinsel Sharm el Sheikh entschieden.
Wo bitte gehts zum Wasser?
Die Sonne geht gerade auf und taucht die Resorts und großflächigen Hotelanlagen in ein warmes rot leuchtendes Licht. Eine touristische Welt mitten in der Wüste. So fühlt sich also Pauschaltourismus an.
Auf der Sonnenliege hält es mich nicht lange. Es zieht mich ans Wasser. Über einen Steg geht es zur Riffwand. Hotelgäste quieken mit ihrer Schnorchelausrüstung fröhlich in den Wellen. Ab und zu schrillt eine Pfeife. Gefolgt von einem lautem GO AWAY FROM THE REEF. Find ich gut. Respektvolle Distanz, notfalls mit Gebrüll. Am Nachmittag wage ich mich ins Wasser mit ein paar Metern Abstand zum Riff. Ich bin fasziniert von den Farben und von dem vielen Fisch. Ist schon was anderes als im Pazifik, während der Ausbildung zum OWD. Das Schnorcheln ist ein wunderbarer Vorgeschmack auf meinen ersten Tauchtag im Roten Meer.
Speeddate mit der Panik
Am nächsten Tag steht pünktlich der weiße Bus der Sunshine Divers vor dem Hotel. Nach dem obligatorischen Papierkram und dem Anprobieren der Leihausrüstung geht es für den Check Dive an das Hausriff. Ich bin zugegebenermaßen etwas nervös. Der erste Tauchgang nach der Ausbildung zum OWD und der Kopf spielt nicht mit. Bereits beim Abtauchen merke ich, dass meine Tauchmaske beschlagen ist. Anstatt mir meine Zeit zu nehmen und auf mein Problem hinzuweisen, tauche ich blind dem Tauchlehrer Mohammed und meinem Buddy hinterher. Und da ist sie wieder, die aufsteigende Panik. Dass meine Panik sich nicht häuslich einrichtet, weiß Mohammed zu verhindern. Mit seiner Hand auf meiner Schulter schaffe ich es, meine Maske zu säubern und mich für den restlichen Tauchgang zu sammeln. „No boat dives for you.“ Ich verstehe den Sinn von Check Dives und ärgere mich über mich selbst.
Wie wunderschön das Hausriff der Sunshine Divers ist, merke ich erst am nächsten Tag mit freier Sicht und Kopf. Die Panik hat die Rückreise nach Deutschland angetreten. 18 m erscheinen mir bei fast 40 m Sicht erstaunlich flach. Dass sich in meinem Kopf ein Knoten gelöst hat, bleibt auch Shazly meinem heutigen Tauchlehrer nicht verborgen. Der sympathische Ägypter grinst über das ganze Gesicht. „Hat Spaß gemacht, oder?“ Oh ja, und wie. Gemeinsam sprechen wir über die Gestaltung der nächsten Tauchtage. Shazly fragt mich, warum ich denn nicht meinen AOWD mache. Ja, warum eigentlich nicht, wenn ich schon mal hier bin.
Fünf gewinnt
Der AOWD (Advanced Open Water Diver ) richtet sich nicht nur an fortgeschrittene Taucher, sondern ist von PADI so aufgebaut, dass du ihn direkt an den Open Water Diver anschließen kannst. Innerhalb des Kurses müssen fünf Adventure Dives absolviert werden. Die Unterwasser-Navigation und das Tieftauchen sind Pflicht. Die anderen drei Kurse kannst du frei wählen. Ich habe mich für die folgenden Adventure Dives entschieden:
- Strömungstauchen
- Tarierung in Perfektion
- Bootstauchen
Tarierung in Perfektion
Nachdem ich am Strand der Sunshine Divers mein Mittagessen hab sacken lassen, geht es auch zum ersten offiziellen Ausbildungstauchgang. Shazly erklärt mir, wie ich checken kann, ob ich die richtige Menge Blei habe. Ein paar Tarierungsübungen sind Wiederholungen aus der OWD Ausbildung. Langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, wie ich meine Tarierung allein über meine Atmung steuern kann. Nach dem Tauchgang noch die Theorie.
Eine perfekte Tarierung bringt dir deutliche Vorteile:
- die Unterwasserwelt wird geschont. Du lernst mit dem nötigen Abstand über Korallen und Meeresbewohner hinweg zu schweben
- verringert deinen Luftverbrauch
- sorgt für zusätzliche Sicherheit
- dein Auge für kleine Meeresbewohner wird geschärft. Es gelingt dir besser auf der Stelle zu verweilen
30 m tun nicht weh – Tieftauchen
Der Wecker klingelt mich am nächsten Tag um 6 Uhr aus dem Bett. Tauchen ist nichts für Langschläfer. Heute geht es mit dem Daily Boat der Sunshine Divers zu einem Areal mit mehreren Tauchspots. Die Straße von Tiran liegt zwischen der Südspitze des Sinais und Saudi-Arabien. In dem Gebiet gibt es vier imposante Korallenriffe. Die Riffe sind nach den Kartografen Gordon, Thomas, Woodhouse und Jackson benannt.
Für den ersten Tauchgang ankern wir am Jacksons Reef. Für mich eine doppelte Premiere. Mein erster Tauchgang von einem großen Tauchboot und mein erster Tauchgang jenseits der 18 m Marke. Die Rozanta Flower hat mit ihren 25 m genügend Platz für Taucher und Schnorchler. Das Boot liegt einen Steinwurf von der Basis entfernt. Komfortabler geht es kaum. Mit einem beherzten Schritt geht es von der Taucherplattform ins Wasser. Im Briefing vereinbaren wir eine Maximaltiefe von 30 m.
Langsam sinke ich an der Riffwand tiefer und tiefer. Auf 30 m merke ich, wie die Farben sich verändert haben. Als Beweis sieht Shazly etwas Rundes aus seiner Jackettasche. Eine Zitrone, eine Kiwi, ein Golfball? Ich habe keine Ahnung und male auf die Unterwassertafel ein großes Fragezeichen. Selbst mit vollaufgepumpten Jacket muss ich ganz schön kämpfen nicht weiter zu sinken. Aus Rücksicht auf meinen eh schon recht hohen Luftverbrauch geht es wieder ein paar Meter nach oben. Den Rest des Tauchganges verbringen wir in flacheren Gewässern. Kurz vor dem Safety Stop nimmt meine dritte Premiere gerade ihr Frühstück zu sich. Eine ausgewachsene Schildkröte. Zurück an Bord überreicht mir Shazly eine Tomate. Bereits ab einer Tiefe von 3 – 5 Metern wird die Farbe Rot vom Wasser absorbiert.
Die maximal erlaubte Tauchtiefe beträgt in Ägypten 40 m. PADI empfiehlt eine Tauchtiefe von 30 m nicht zu überschreiten. Dafür gibt es drei plausible Gründe:
- eine kurze Nullzeitgrenze und der schnelle Luftverbrauch verkürzen eure Tauchzeit spürbar
- das Risiko für eine Dekokrankheit steigt
- wie anfällig ihr für eine Stickstoffnakose seid, ist individuell entschieden. Das Risiko jenseits der 30 m ist in jedem Fall deutlich höher
Tauchen für Faule – Strömungstauchen
Die Oberflächenpause verbringe ich damit, mich mit den anderen Tauchern zu unterhalten. Ich bekomme ein paar Tipps für Tauchziele und höre auch das erste Mal von Tauchsafaris. Eine ganze Woche auf einem Boot, jeden Tag 3-4 Tauchgänge an den besten Divespots der jeweiligen Region? Hört sich ganz schön gut an. Die Bordglocke läutet das Briefing ein. Der nächste Tauchgang findet am Thomas Reef statt. Das Boot bringt uns nah an das Riff heran und wir springen in kurzen Abständen nacheinander ins Wasser. Ein kurzes OK Zeichen in die Runde und runter geht es. Wir lassen und auf eine Tiefe von 26 m sinken. Die Strömung schiebt uns gemächlich an der Riffwand entlang, bevor das Tauchboot uns nach knapp 50 min wieder einsammelt. Der Tauchgang am Nachmittag ist wieder ein Strömungstauchgang. Diesmal am Gordons Reef. Der Tauchplatz ist schon von weitem durch das Wrack der Louilla zu erkennen. An Strömungstauchgänge kann ich mich gewöhnen.
- die Tauchgänge erfordern weniger Anstrengung
- du kannst ein größeres Gebiet erkunden
- der Ein- und Ausstieg ist an unterschiedlichen Stellen
- nicht zu vergessen: es mach unheimlich großen Spaß sich in die Strömung zu legen und am Riff vorbei zu flitzen
Orientierung für Orientierungslose – Navigationstauchen
Am nächsten Tag bleiben wir in der Sharks Bay. Als letzter Ausbildungspunkt steht die Navigation auf dem Plan. Ich bediene nur sehr ungern Clichés. Ich das der vollkommenen Orientierungslosigkeit. Shazly erklärt mir mit einer Engelsgeduld den Umgang mit dem Kompass und die verschiedenen Orientierungshilfen für eine natürliche Navigation Unterwasser:
- Wellen, Strömungen und Gezeiten
- Einfallswinkel der Sonne
- natürliche Referenzen wie z.B. ein prägnanter Korallenblock
Bei den Inhalten handelt es sich um eine Vertiefung der Kenntnisse, die bereits Teil meiner Ausbildung zum OWD waren. Über Wasser habe ich den Dreh mit dem Kompass bald raus. OK, solange wir uns im 90° oder 180° Winkel bewegen. Unterwasser schwimme ich mit dem Kompass munter Dreiecke und schaffe es auch tatsächlich an meinem Startpunkt wieder anzukommen. Mit 100 Bar Restluft bekomme ich das Zeichen, die Führung zu übernehmen und uns wieder zurück zum Ausstieg zu bringen. Das mit den natürlichen Referenzen klappt erstaunlich gut. Ich tauche als frischgebackener Advanced Open Water Diver in der Sharks Bay auf.
Inhalte, Kosten und Dauer
- die Ausbildung beinhaltet 5 Freiwassertauchgänge mit dazugehöriger Theorie
- die Tauchgänge Tieftauchen und Navigation sind Pflicht, die andern drei könnt ihr frei wählen
- der Kurs kostet ca. 300 Euro ohne Leihausrüstung
- die Tauchgänge absolviert ihr an zwei Tagen
Tauchbasis
Die Ausbildung bei den Sunshine Divers hat mir sehr gut gefallen. Auf Wunsch könnt ihr euch von jedem Hotel in Sharm abholen lassen oder ihr bucht eines der beduinischen Gästezimmer direkt am Strand. Im angeschlossenen italienischen Restaurant, gibt es eine leckere Auswahl an Pizza und Pasta. Der Bootsanleger befindet sich direkt vor der Tür, genauso wie ein kleiner Supermarkt.
Hast du dich bereits zum Advanced Open Water Diver ausbilden lassen?
Hallo Annette,
ich habe mein OWD auch im Roten Meer in Quesir gemacht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (wollte schon das Handtuch werfen) bin ich aber dank meines fantastischen Tauchlehrers fast süchtig geworden. 🙂
Den AOWD würde ich auch gerne noch machen, dann können meine Freund und ich zumindest auf einer Stufe stehen.
LG Miriam
Liebe Miriam, den AOWD machst du mit links. Die Theorie ist sehr viel weniger anspruchsvoll, als beim OWD. Der Spaß und das Erfahrungen sammeln, steht deutlich im Vordergrund! Liebe Grüße
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