Nach dem Frühstück brechen wir auf in Richtung Amboseli. Ein Teil der Route führt uns noch ein gutes Stück durch Tsavo West, bevor wir das Ausgangsgate passieren. Wir machen kurz halt am Shetani Lava Flow. Einem erstarrten Lavafluss, den ein Vulkanausbruch vor 200 Jahren hinterlassen hat. Das Gebiet ist seitdem pflanzenlos. Den Umstand verdankt es den Namen Shetani, was übersetzt “Teufel” bedeutet. Die Lichtverhältnisse sind fantastisch. Wir haben das Glück mehr als ein Mal den Kilimandscharo in seiner ganzen Pracht bewundern zu können. Nach Amboseli führt uns die Route durch eine Vielzahl von Dörfern. Entlang des No Man’s Land, zwischen Tansania und Kenia.
Wirtschaftliche Lage
Obwohl Kenia in den letzten Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt hat und kenianische Unternehmen wie der Mobilfunkanbieter Safaricom Rekordgewinne verzeichnen, liegt das monatliche Durchschnittseinkommen bei ca. 100 €. Im globalen Entwicklungsindex erreicht Kenia Platz 147 von 187. Ein großer Gewinn für die Kenianer ist die sehr gut ausgebaute Mobilfunknetzabdeckung. Farmer haben die Möglichkeit sich nach den aktuellen Marktpreisen zu erkundigen, um mit ihren Zwischenhändlern zu verhandeln. Viele der Mobiltelefone sind mit einem Solarpanel ausgestattet und lassen sich ohne Strom aufladen. Und Sonne gibt es in Kenia mehr als genug.
Bargeldloses Zahlen
Der kenianische Dienst für bargeldloses Zahlen bzw. Geldtransfers nennt sich M-Pesa. Seit der Einführung im Jahr 2007 bietet der Dienst für die kenianische Bevölkerung eine sehr gute Alternative zu einem regulären Bankkonto bzw. zu einer Kreditkarte. Besonders in ländlichen Gebieten ist die Verbreitung von Bankfilialen nicht gegeben. Geringverdiener haben gar nicht erst die Möglichkeit ein Bankkonto zu eröffnen.
Bildungssystem
Etwas verwundert sind wir darüber, dass es zwar unheimlich viele Primary Schools in den Dörfern gibt, aber so gut wie keine Secondary Schools. Unser Guide erklärt uns, dass nur die Grundschulen (insgesamt 8 Schuljahre) in Kenia kostenfrei sind. Allerdings müssen auch hier die Eltern für die Schuluniform, Lehrmaterialien und auch schon mal für kaputtes Schulmobiliar selbst aufkommen. Weiterführende Schulen sind aufgrund der Gebühren für die meisten Kenianer kaum erschwinglich.
Massai
Die lokale Bevölkerung rund um den Nationalpark Amboseli besteht hauptsächlich aus den Massai. Ein Hirtenvolk, das ca. 2 % der Bevölkerung Kenias ausmacht. Obwohl ihr Anteil an der kenianischen Bevölkerung sehr klein ist, gehören sie aufgrund ihrer auffälligen Kleidung und halbnomadischen Lebensweise zu der bekanntesten Völkergruppe Kenias und Tansanias. Gegen einen kleinen Obolus wird uns angeboten an einem der Massai Dörfer haltzumachen und “Fotos zu schießen”. Irgendwie fühle ich mich mit dem Gedanken nicht wohl – Menschen wie eine weitere Attraktion auf unserer Safari zu behandeln. Ich schlage das Angebot aus. Im Nachhinein bereue ich meine Entscheidung etwas. Nicht wegen der Fotos – die Kamera hätte ich in der Tasche gelassen, sondern wegen der Gelegenheit einen tieferen Einblick in die Lebensweise der Massai zu erhalten.
Amboseli
Nach einer zweistündigen Fahrt passieren wir das Gate zum Amboseli Nationalpark. Der Park war bereits im Jahr 1906 ein Reservat und wurde 1976 offiziell zum Nationalpark erklärt. Er umfasst 392 km² und erstreckt sich am Fuß des fast 6 km in die Höhe reichenden Kilimandscharos. Der Kilimandscharo ist der höchste frei stehende Berg der Welt. Seine schneebedeckte Spitze ein Charakteristikum, das Ernest Hemingway in den 40ern zu einer Kurzgeschichte animierte. Allerdings gehört das, aufgrund des Klimawandels, in den nächsten Jahren vermutlich der Vergangenheit an.
Vegetation und Lebewesen
Die Landschaft in Amboseli unterscheidet sich deutlich von der in Tsavo. Amboseli bedeutet in Maa “salziger Staub”. Der Park besteht größtenteils aus einer durchgängigen trockenen, staubigen Ebene, die alle paar Jahre mit ergiebigen Regenfällen gefüllt wird. So sind auch bei unserem Besuch weite Teile des Parks geflutet und unpassierbar. Neben den temporären Seen gibt es in Amboseli auch permanente Sümpfe. Die besten Bedingungen für Flusspferde und Elefanten. Letztere gehören zum Aushängeschild des Nationalparks. Beim Anblick der Elefantenherden muss unweigerlich an grasende Kühe auf der Weide denken. Nur das wir uns nicht irgendwo in Brandenburg, sondern Mitten in Afrika befinden. Ich wüsste kein Ort, an dem ich gerade lieber wäre. Kenia berührt mich und ich bin in diesem Moment unendlich dankbar für das Privileg reisen zu können.
Nach unserem ersten Game Drive beziehen wir unsere Lodge. Zeit die Fotos der ersten Safaritage zu sortieren. Am späten Nachmittag steuert uns unser Guide in Richtung Wasser. In der Hoffnung uns doch noch ein Flusspferd zeigen zu können. Tatsächlich haben wir Glück und erspähen in der Ferne ein stattliches Exemplar bei der Futtersuche. Heute sind es eher die kleinen Parkbewohner, die mich erfreuen. Ein giftgrünes Chamäleon schleppt sich träge über die Straße und beäugt uns argwöhnisch. Das Auge der Tiere ist hoch entwickelt und umfasst je Auge ein Blickfeld von 342°. Chamäleons können bis zu einem Kilometer Entfernung scharf sehen. Das binokulare Gesichtsfeld des Menschen, also das Blickfeld, das mit beiden Augen zugleich überschaubar ist, liegt lediglich bei 220°.
Observation Hill
Einen eindrucksvollen Blick über die Landschaft Amboselis habt ihr von der Plattform des Observation Hills aus. Der Aussichtspunkt gehört, neben den Lodges und Camps, zu der einzigen Möglichkeit das Auto verlassen zu können. Eine Treppe führt den Hügel hinauf entlang an Hinweistafeln, die euch über den Park und seine Bewohner informieren.

Über Funk bekommt unser Guide den Hinweis, dass ein Löwe gesichtet wurde. Ein ungeschriebenes Gesetz zwischen den einzelnen Tourguides. Sobald sich ein sonst eher rares Tier zeigt, wird über Funk der Standort preisgegeben. Dann kann es auch schon mal kuschelig werden. Bereits von Weitem sieht man die Ansammlung der anderen Fahrzeuge. Wir haben Glück. Das Weibchen erwacht gerade, pünktlich für die nächtliche Jagd. In unserem Rücken geht gleißend die Sonne unter.
Hier geht’s zum ersten Teil der Safari in Tsavo West.